Was hast du in Tansania gemacht?
Ich habe drei Monate in einem Berufsbildungszentrum mit Jugendlichen in Mafinga gearbeitet und dann neun Monate in einem Fieldoffice der Organisation Envirocare in Moshi am Kilimandscharo. Dort habe ich vor allem Projekte im Bereich der nachhaltigen Landwirtschaft durchgeführt.
Mit welcher Motivation bist du damals weltwärts gegangen?
Meine Hauptmotivation war, in einem anderen Land zu leben, dessen Kultur kennenzulernen und mich persönlich weiterzuentwickeln.
Und was denkst du heute darüber?
Ich denke, es ist nach wie vor wichtig, neue Perspektiven kennenzulernen und Menschen jeglicher Herkunft zu verstehen. Man sollte einen Freiwilligendienst für sich selbst machen und nicht für andere und versuchen, so viele Erfahrungen wie möglich zu sammeln.
Engagierst du dich nach deiner Rückkehr (weiter) im entwicklungspolitischen Bereich?
Ja, vor allem in und neben meinem Studium engagiere ich mich, indem ich unterschiedliche Veranstaltungen organisiere. Generell ist mein Interesse auch im akademischen Bereich sehr politisch und global.
Auf welche Weise hat dich dein Freiwilligendienst geprägt?
Mein Freiwilligendienst hat viele meiner Eigenschaften entwickelt. Selbstständigkeit, kritisches Denken und Toleranz zum Beispiel. Ich habe einen persönlichen Zugang bekommen zu einer Welt, die wir sonst hauptsächlich aus den Medien kennen. Ich durfte viele Menschen aus der ganzen Welt kennenlernen.
Welches Erlebnis wird dir nie aus dem Kopf gehen?
Bei dem Besuch meiner Familie gab es ein Missverständnis mit der Fluggesellschaft. Während es bei der Zwischenlandung in Moshi möglich war, das Flugzeug zu verlassen, war es nicht möglich, bei dem Rückflug in Moshi wieder einzusteigen, weshalb meine Familie am Tag des Abflugs mehrere Stunden mit dem Bus nach Daressalam fahren musste. Als ich Monate zuvor in der Stadt gewesen war, hatte ich mir von einem Taxifahrer die Nummer geben lassen, wie ich es immer tue, um ein vertrauteres Verhältnis aufzubauen. Ich war aber nur das eine Mal mit ihm gefahren. Diesen rief ich nun an, um meine Familie vom Bus abzuholen, was dieser auch sofort bestätigte. Der Bus hatte einige Stunden Verspätung, doch als meine Mutter, meine Tante und mein Bruder ankamen, wartete der Fahrer auf sie, gemeinsam mit einem Freund. Es stellte sich heraus, dass der Mann, mit dem ich telefoniert hatte kein Fahrzeug mehr besaß und daher einen Freund gebeten hatte, ihn zum Busbahnhof zu bringen, um meine Familie abzuholen. Dort hatten die beiden ungefähr vier Stunden auf den Bus gewartet, ohne dass sie irgendeine Gegenleistung erwarteten, über den normalen Taxipreis hinaus. Es ist ein Beispiel der sozialen Kultur in Tansania, die mir nie aus dem Kopf geht.
Was machst du heute?
Ich studiere derzeit Liberal Arts and Sciences in den Niederlanden mit der Spezialisierung in Internationalem und Europäischem Recht, Politikwissenschaften und Philosophie.
Und wenn du nicht weltwärts gegangen wärst – was würdest du wohl heute machen?
Ich denke, ich wäre zum Studium in Deutschland geblieben, hätte keine Weltreise gemacht und wäre nicht auf die Idee gekommen, als erstes eine Ausbildung zu machen.
Alle Fotos zu diesem Beitrag von Lars Santou Donkor.